Seit dem Jahre 1998 gibt es in Deutschland das sogenannte „Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens“ (kurz auch „Transfusionsgesetz“ – TFG genannt). In diesem Gesetz wird die Bundesärztekammer als Vertreter der Ärzteschaft beauftragt, den „allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft und Technik“  für die Anwendung von Blutprodukten zu definieren. Mit anderen Worten: die Bundesärztekammer als fachlich anerkannte kompetente Einrichtung in Deutschland solle festlegen, wie Blutprodukte herzustellen und anzuwenden sind (§§ 12a, 18 TFG).

Diesem gesetzlichen Auftrag ist die Bundesärztekammer im Jahre 2000 nachgekommen, indem sie die schon vorher seit vielen Jahren bestehenden Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion vollkommen überarbeitet und als „Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie)“ (im allgemeinen Sprachgebrauch meist kurz als „Hämotherapie-Richtlinie“ bezeichnet) neu publiziert hat. In dieser Richtlinie wird genau und detailliert beschrieben, wie nach dem jeweils aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand Blutkomponenten herzustellen und vor allem anzuwenden sind. Wenn man sich daran hält, so wird im Falle eines rechtlichen Verfahrens juristisch zunächst einmal davon ausgegangen, dass man den allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik eingehalten und richtig gehandelt hat. Verstößt man dagegen, so wird vermutet, dass man den allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik nicht eingehalten und fehlerhaft gehandelt hat. Diese Hämotherapie-Richtlinien werden regelmäßig von der Bundesärztekammer überarbeitet und den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst.

In diesen Richtlinien nehmen insbesondere die Vorschriften zur Anwendung von Blutkomponenten großen Raum ein. Detailliert und ganz praktisch wird beschrieben, was man bei einer Bluttransfusion im Einzelnen beachten muss, was man tun und was man nicht tun sollte und worauf man besonders aufpassen sollte. Dies resultiert aus der Erkenntnis, dass mehr als ein Drittel aller Todesfälle, welche im Rahmen einer Bluttransfusion vorkommen, nicht durch medizinische Probleme im eigentlichen Sinne verursacht werden, sondern auf menschliches Versagen (z.B. Verwechslungen von Patientin/Patient oder Blutkonserve, verzögerte Transfusionen, unnötige Transfusionen, Handhabungsfehler usw.) zurückzuführen sind und daher – zumindest theoretisch – vermeidbar wären (z.B. Annual Shot-Reports aus England). Dies gilt übrigens nicht nur für Europa, sondern stellt weltweit ein Problem dar.

Die Möglichkeiten der Fehler, die man bei der Bluttransfusion begehen kann, sind vielfältig. Dies beginnt schon bei der Anforderung von Blutkomponenten und geht über die Vorbereitung und die eigentliche Transfusion bis hin zur Überwachung der Patientin/des Patienten. Deshalb ist eines der wichtigsten Punkte bei der Transfusion von Blutkomponenten, dass man sich der Gefahr menschlicher Fehler (auch der eigenen! – niemand ist fehlerfrei) bewusst ist, sich an die Vorgaben der Hämotherapie-Richtlinien hält und konzentriert und exakt arbeitet.

Auf den folgenden Seiten sind einige der wichtigsten Regeln, die man befolgen sollte, dargestellt. Darüber hinaus gibt es natürlich noch viele weitere Dinge, die wichtig sind und die man beachten muss. Diese alle hier dazustellen, würde jedoch den Rahmen dieser Vorlesung sprengen. Für weiterführende Details wird daher auf die o.g. „Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie)“ in ihrer jeweils aktuellen Fassung verwiesen.

Beachte:
Die Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Richtlinie Hämotherapie), aufgestellt von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut stellt eines der wichtigsten Regelwerke bei der Herstellung und Anwendung von Blutprodukten in Deutschland dar.