Das HLA-System spielt sowohl bei der Transplantation von soliden Organen als auch bei der allogenen Stammzelltransplantation eine wichtige Rolle.

Transplantation von soliden Organen

Insbesondere bei der Nierentransplantation wird versucht, eine weitgehende Übereinstimmung der HLA-Merkmale zwischen Spenderin/Spender und Empfängerin/Empfänger zu erreichen. Besonderer Wert wird hier auf die Antigene des DR-Locus gelegt. Allerdings ist in den meisten Fällen eine absolute Identität nicht möglich. Wenn bei einer/einem potentiellen Organspenderin/Organspender der Hirntod festgestellt wird, erfolgt die HLA-Typisierung der Spenderin/des Spenders. Die Zuteilung der entnommenen Nieren an eine/einen bei Eurotransplant (verantwortliche Organisation für die Zuteilung von Spenderorganen in vielen europäischen Ländern) gemeldeten Patientin/Patienten erfolgt einerseits nach den Kriterien der HLA-Übereinstimmung, andererseits aber auch nach Kriterien der medizinischen Dringlichkeit, der Wartezeit usw. In jedem Falle aber muss vor der Transplantation ausgeschlossen werden, dass die Patientin/der Patient HLA-Antikörper gegen HLA-Merkmale des Spenderorgans aufweist.

Auch bei Herztransplantationen gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Transplantationserfolg und dem Grad der Übereinstimmung der HLA-Merkmale zwischen Patient und Spender. Allerdings ist die mögliche Ischämiezeit (d.h. die Zeit, in der sich das Organ extrakorporal befindet und nicht durchblutet wird) beim Herzen sehr kurz, so dass man in der Regel aus organisatorischen Gründen darauf keine Rücksicht nehmen kann. Bei der Lebertransplantation schient der Einfluss des HLA-Systems eher gering zu sein.

Allogene Stammzelltransplantation

Bei der allogenen Stammzelltransplantation spielt die Übereinstimmung der HLA-Merkmale zwischen Patientin/Patient und potentieller Spenderin/potentiellem Spender eine entscheidende Rolle. Bei dieser Form der Transplantation hat – im Gegensatz zu den meisten Transplantationen solider Organe – die Übereinstimmung von HLA-Merkmalen Vorrang vor der Übereinstimmung der AB0-Merkmale. Vor allem wird Wert auf eine Identität der Klasse I-Merkmale A, B und C sowie der Klasse II-Merkmale DRB1 und DQB1 (fakultativ auch DPB1) gelegt. Die Übereinstimmung dieser Merkmale ist wesentlich für den Erfolg der Transplantation mit verantwortlich. Dies liegt u.a. daran, dass bei der allogenen Stammzelltransplantation das gesamte Immunsystem der Spenderin/des Spenders übertragen wird. Daher ist nicht nur eine Abstoßungsreaktion des Transplantates durch den Empfängerorganismus (HvG; Host versus Graft-Reaktion), sondern auch eine Abstoßungsreaktion des Empfängerorganismus durch das transplantierte Immunsystem (GvH; Graft versus Host-Reaktion) zu beachten.

In der Regel wird die Suche nach einem/r passenden Stammzellspender/in unter den Geschwistern begonnen. Hier beträgt die Wahrscheinlichkeit, eine/n HLA-identischen Spender/in zu finden, 25%. Sind keine Geschwister vorhanden bzw. ist kein Geschwister HLA-identisch, muss ein/e HLA-identischer Fremdspender/in gesucht werden. Da die Variabilität der HLA-Typen extrem hoch ist, ist die Wahrscheinlichkeit, eine passende Spenderin/einen passenden Spender zu finden, sehr gering. Sie liegt zwischen 1: 1000 bis 1: vielen Millionen. Daher ist in den letzten Jahrzehnten durch intensive internationale Kooperation eine weltweite Datenbank aufgebaut worden, in der die HLA-Daten von mehr als 30 Millionen potentiellen Spenderinnen und Spendern registriert sind. Mit Hilfe dieser Datenbank ist es heute möglich, für ca. 80% der Patientinnen und Patienten, für die eine Fremdspenderin/ein Fremdspender gesucht wird, ein passendes Transplantat zu finden (s. auch www.netzwerk-hoffnung.de).