Gefrorenes Frischplasma darf nicht sofort nach Herstellung an Patientinnen/Patienten transfundiert werden. Es muss vorher einem Verfahren zur Reduktion des Infektionsrisikos unterzogen werden. Neben der Quarantänelagerung gibt es die Möglichkeit, das Plasma einem sog. Solvent-Detergent (SD)-Verfahren zu unterziehen. Dieses Verfahren wurde in den 90iger Jahren entwickelt; man nennt es nach seinem Entdecker auch „Horowitz-Verfahren“.
Hierbei werden bis zu ca. 1600 tiefgefrorene AB0-blutgruppenidentische Plasmen rasch aufgetaut und in einem großen Behälter gepoolt. Anschließend wird TNBP (Tri-N-Butylphosphat, Solvent) und Triton-X 100 (Detergent) bis zu einer Endkonzentration von jeweils 1% (v/v) zugegeben. Nach einer Inkubationszeit von 4 h bei 30 °C wird das TNBP sowie das Triton-X 100 durch Öl-Extraktion und chromatographisch entfernt. Der Pool wird in Plasmen á 200 ml aufgeteilt und diese werden erneut tiefgefroren. Diese Plasmen können dann zur Transfusion freigegeben werden.
Dahinter steckt folgende Überlegung:
Viele Viren besitzen eine Lipidhülle (z.B. HIV, Hepatitis B). TNBP und Triton-X 100 stellen eine Art „Seife“ dar, welche diese Lipidhüllen zu zerstören vermag. Durch die genannte Prozedur werden alle Viren zerstört, welche eine Lipidhülle besitzen. Daher ist eine Übertragung von HIV, Hepatitis B oder anderer umhüllter Viren durch SD-Plasma nahezu ausgeschlossen.
Aber: Viren, welche keine Lipidhülle tragen (z.B. Hepatitis A, Parvovirus B19) werden durch dieses Verfahren nicht eliminiert. Ist eines der vielen Spenderplasmen, welche in den Pool eingehen, mit einem dieser Viren infiziert, so sind anschließend vermutlich viele aus diesem Pool gewonnenen Plasmen infektiös. Dies stellt potentiell ein hohes Risiko dar. Daher werden von der Einrichtung, welche diese Plasmen herstellt und vertreibt, die Spenderinnen/Spender sehr intensiv (z.B. mittels PCR) auf Infektionen mit hüllenlosen Viren untersucht.
Trotzdem: ein (zumindest theoretisches) Risiko durch das Pooling bleibt, vor allem für infektiöse Agentien, welche wir noch gar nicht kennen oder auf die wir nicht testen können (z.B. Prionen).
Weiterhin muss bei der Verwendung von SD-Plasma bedacht werden, dass das Virusinaktivierungsverfahren zu einem Abfall einzelner Gerinnungsfaktoren auf bis zu 80% und zu einem teils deutlicherem Abfall der Inaktivatoren des Gerinnungssystems (z.B. Alpha 2-Antiplasmin, Protein S) führt, so dass die Verteilung der einzelnen Gerinnungsfaktoren im SD-Plasma nicht mehr der physiologischen Situation entspricht. Ganz besonders niedrig ist der Gehalt an hochmolekularen Polymeren des Von-Willebrand-Faktors.
Als Vorteil des SD-Verfahrens muss angesehen werden, dass durch derartig behandelte Plasmen offensichtlich kein TRALI (Transfusions- assoziierte Lungenisuffizienz) ausgelöst werden kann. Jedenfalls ist eine solche Nebenwirkung bisher nicht beschrieben.