Bei Thrombozytenkonzentraten (TK) ist die Situation komplizierter. Thrombozyten enthalten auf ihrer Zelloberfläche unterschiedliche Blutgruppenantigene, zu denen auch die Oligosaccharide des AB0-Systems gehören. Deshalb können Isoagglutinine aus dem Patientenserum auf der Oberfläche der transfundierten Thrombozyten eine Antigen-Antikörper-Reaktion auslösen. Dies führt zu einer verkürzten Überlebenszeit der transfundierten Thrombozyten in der Zirkulation der Empfängerin/des Empfängers.

Da im Plasma der Thrombozytenkonzentrate die Isoagglutinine der Spenderin/des Spenders in der Regel in nahezu voller Konzentration vorhanden sind, können diese nach der Transfusion auf der Oberfläche der Patientenerythrozyten ebenfalls eine Antigen-Antikörperreaktion auslösen. Die Folge kann eine hämolytische Anämie der Patientin/des Patienten sein.

Man sieht also: Bei Thrombozytenkonzentraten ist eine wirklich kompatible Transfusion nur die blutgruppengleiche Transfusion. Alle anderen Konstellationen sind quasi „semi-kompatibel“

Bei den „semikompatiblen“, d.h. blutgruppenungleichen Thrombozytentransfusionen wird zwischen der sog. „major-kompatiblen“ und der „minor-kompatiblen“ Thrombozyten-Transfusion unterschieden. Bei der „major-kompatiblen“ Transfusion finden sich im Serum der Patientin/des Patienten keine Isoagglutinine gegen die AB0-Eigenschaften auf den transfundierten Thrombozyten; bei der „minor-kompatiblen“ Transfusion finden sich im Plasma des Thrombozytenkonzentrates keine Isoagglutinine gegen die Erythrozyten der Patientin/des Patienten.

Blutgruppe
Patient
Major-kompatibles TKMinor-kompatibles TK
000, A, B, AB
A0, AA, AB
B0, BB, AB
AB0, A, B, AB AB

Thrombozytenkonzentrate sollten – wenn möglich – blutgruppengleich transfundiert werden. Ist dies nicht möglich (z.B. weil entsprechende Präparate nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen), so sollte in der Regel major-kompatibel transfundiert werden.

Transfundiert man allerdings mehrere Thrombozytenkonzentrate in kurzer Zeit major-kompatibel, so muss man darauf achten, dass man nicht zu viele Isoagglutinine aus dem Thrombozytenkonzentrat auf die Empfängerin/den Empfänger überträgt (z.B. bei der Transfusion von Thrombozytenkonzentraten der Blutgruppe 0 auf Patientinnen/Patienten der Blutgruppe A). Dies könnte – vor allem bei der Transfusion von mehreren Thrombozytenkonzentraten – zu einer Hämolyse der Empfängererythrozyten führen. Insbesondere bei der Transfusion von major-kompatiblen Thrombozytenkonzentrate an Säuglinge und Kinder unter 25 kg sind Komplikationen vorprogrammiert. Daher sollte man bei der Transfusion von mehreren Thrombozytenkonzentraten in kurzen Abständen oder bei der Transfusion an Kinder unter 25 kg – wenn eine blutgruppengleiche Transfusion nicht möglich ist – Thrombozytenkonzentrate minor-kompatibel transfundieren (auch wenn mit einer Antigen-Antikörper-Reaktion auf der Oberfläche der transfundierten Thrombozyten und dadurch mit einer verkürzten Überlebenszeit dieser Zellen im Kreislauf der Empfängerin/des Empfängers zu rechnen ist).