Grundsätzlich sind alle Erreger, welche in der Blutbahn zirkulieren, durch Bluttransfusionen übertragbar.

Hierzu gehören u.a.

  • Würmer (Filariosen)
  • Protozoen (z.B. Toxoplasmen, Plasmodien, Babesien, Leishmanien, Trypanomsomen)
  • Viren (z.B. Parvoviren, Herpesviren, Hepatitisviren, West-Nil-Virus, HTLV, HIV)
  • Bakterien (z.B. Salmonellen, Yersinien, Pseudomonaden, Mycobacterien, Treponemen)

Auch Prionen können durch Bluttransfusionen übertragen werden.

Virale Infektionen

Erreger mit folgenden Eigenschaften gelten als besonders „geeignete“ Kandidaten für transfusionsassoziierte Virusinfektionen:

  • Geringe Immunisierungsrate in der Bevölkerung
  • Lange Verweildauer der Erreger im strömenden Blut
  • Stabilität der Erreger während der Lagerung der Blutkomponenten
  • Die verursachten Krankheiten haben lange Inkubationszeiten oder verlaufen klinisch inapparent
  • Geeignete Screening-Verfahren für den jeweiligen Erreger stehen nicht zur Verfügung oder sind sehr aufwendig
  • Die Zeit zwischen Infektion und Nachweisbarkeit des Erregers („diagnostische Lücke“) ist sehr lange.

HI-Virus
(stilisierte Darstellung)

In den letzten Jahren ist in Deutschland und anderen europäischen Ländern eine Vielzahl von Anstrengungen unternommen worden, um virale Infektionsübertragungen durch Blutkomponenten zu minimieren. Hierzu gehören u.a.

  • Strenge Vorschriften bei der Auswahl der Blutspenderinnen/Blutspender
    (in Deutschland durch die „Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten – Richtlinie Hämotherapie“ der Bundesärztekammer geregelt)
  • Testung aller Blutspenden auf:
    ⇒ HIV ½-Antikörper
    ⇒ HCV-Antikörper
    ⇒ Antikörper gegen Treponema pallidum
    ⇒ HBs-Antigen
    ⇒ HBc-Antikörper
    ⇒ HCV-Genom (PCR)
    ⇒ HEV-Genom (PCR)
    ⇒ HIV-Genom (PCR)
  • Gesetzlich vorgeschriebene Quarantänelagerung bzw. Virusinaktivierungsverfahren für Gefrorenes Frischplasma
  • Gesetzlich vorgeschriebene Virusabreicherungsverfahren für Plasmaderivate
  • Meldepflichten für Infektionsübertragungen
  • Gesetzliche Verpflichtung zu look-back-Verfahren (Rückverfolgungsverfahren von der Patientin/dem Patienten bis zur Spenderin/zum Spender und umgekehrt) bei nachgewiesener bzw. Verdacht auf Übertragung
  • und vieles mehr

Während noch vor 20 Jahren die virale Infektionsübertragung durch Blutkomponenten eine der häufigsten Nebenwirkungen der Bluttransfusion überhaupt war, ist sie heute in Deutschland aufgrund der genannten Maßnahmen eher selten geworden. So wird die Wahrscheinlichkeit einer

HIV-Infektion-Übertragung mit < 1 : 40 Millionen Transfusionen
Hepatitis B-Übertragung mit < 1 : 10 Millionen Transfusionen
Hepatitis C-Übertragung mit < 1 : 100 Millionen Transfusionen
Hepatitis E-Übertragung mit < 1 : 2 Millionen Transfusionen

kalkuliert (Cave: insgesamt sind die gemeldeten Infektionsübertragung so gering, dass eine exakte Kalkulation kaum noch möglich erscheint. Die genannten Zahlen stellen daher nur grobe Schätzwerte dar).

Damit liegt das Infektionsrisiko dieser Erkrankungen weit unter dem vieler anderer Risiken, welche wir im täglichen Leben ohne große Diskussionen auf uns nehmen. Und auch in der Transfusionsmedizin gibt es heute viele andere Risiken, die wesentlich höher sind als das der „klassischen“ Infektionsübertragung von HIV, Hepatitis B oder Hepatitis C. Trotzdem ist die Übertragung dieser Infektionen durch Blutkomponenten immer wieder Gegenstand öffentlicher Diskussionen, die nicht wenig zu den in der täglichen Praxis immer wieder erlebten Ängsten der Patientinnen und Patienten vor einer Bluttransfusion beitragen. Umso wichtiger ist eine objektive und klare Aufklärung.

Trotzdem darf das grundsätzliche Risiko einer viralen Infektionsübertragung durch Blutkomponenten nicht „auf die leichte Schulter genommen werden“. Während die Übertragung der o.g. „klassischen“ Viren im Gegensatz zu früher eher selten geworden ist, spielen zunehmend andere Viren eine Rolle bei der Bluttransfusion. Hierzu gehören beispielsweise das West-Nil-Virus, das Zika-Virus oder das Chikungunya-Virus. Auch für solche Viren werden vielfach Maßnahmen ergriffen, um eine Übertragung durch Blutkomponenten zu verhindern (z.B. Rückstellung der Spender von der Blutspende für eine gewisse Zeit nach einem Aufenthalt in einem Endemiegebiet). Trotzdem besteht – insbesondere in Zeiten der hohen, auch interkontinentalen Mobilität der Menschen – ein nicht zu unterschätzendes Risiko, dass sich eines dieser Viren (u.U. auch ein bisher nicht bekanntes oder mutiertes Virus) zu einem erheblichen Problem bei der Bluttransfusion auch in Mitteleuropa entwickeln kann.

Bakterielle Infektionen

Bakterielle Kontaminationen von Blutkomponenten sind meist durch eine symptomlose, unerkannte Bakteriämie der Spenderin/des Spenders oder durch eine Kontamination an der Punktionsstelle der Spenderin/des Spenders bei der Blutspende verursacht (deswegen ist strenge Beachtung der Ausschlusskriterien von der Blutspende und eine gute Hautdesinfektion bei der Venenpunktion sehr wichtig!). Während sich in Erythrozytenkonzentraten aufgrund der Lagerungstemperaturen von 4 + 2 ºC nur wenige Keimarten (z.B. Yersinien) gut vermehren können, sind Thrombozytenkonzentrate hierfür deutlich prädisponierter (Lagerungstemperatur 22 + 2 ºC). Dementsprechend geht man derzeit in Deutschland von einer bakteriellen Kontaminationsrate bei Thrombozytenkonzentraten von 0,1 – 0,5% aus, während in Erythrozytenkonztraten die Kontaminationsrate deutlich niedriger liegen dürfte.

E. coli-Bakterien 
(stilisierte Darstellung)

Glücklicherweise führt nicht jede bakterielle Kontamination von Blutkomponenten nach Transfusion auch zu einer klinischen Symptomatik. Dies hängt vermutlich von der Art und Anzahl der Bakterien bzw. der jeweiligen Toxinkonzentrationen in der transfundierten Blutkomponente ab. So geht man derzeit bei Thrombozytenkonzentraten von einer Häufigkeit klinischer Reaktionen auf kontaminierte Präparate von ca. 1:100 000 Thrombozytentransfusionen aus. Bei Erythrozytenkonzentraten dürfte die Zahl wesentlich darunter liegen.

Klinisch äußern sich bakteriellen Übertragungen je nach Schweregrad sehr unterschiedlich. So finden sich von der einfachen fieberhaften Reaktion (ggf. mit Diarrhöen, Erbrechen und Schüttelfrost) bis hin zum vital bedrohlichen Endotoxinschock alle Ausprägungen.  Die Symptome treten meist bereits während der Transfusion, gelegentlich jedoch auch erst einige Stunden danach auf. Diagnostisch wegweisend sind mikrobiologische Untersuchungen sowohl aus der transfundierten Blutkomponente als auch aus dem Blut der betroffenen Patientin/des betroffenen Patienten. Beim Nachweis der gleichen Bakterienspezies sollte ein Vergleich der Genomsequenzen angestrebt werden.