Der „Rh-kompatible Transfusion“ ist dadurch definiert, dass die transfundierten Erythrozyten nur Rh-Eigenschaften aufweisen, die die Patientin/der Patient selbst besitzt.
Die Bedeutung der Rh-Kompatiblität hängt von der Art der transfundierten Blutkomponente ab.
Erythrozytenkonzentrate
Transfundierte Erythrozytenkonzentrate sollten grundsätzlich nur die Rh-Eigenschaften aufweisen, welche die Patientin/der Patient ebenfalls besitzt, z.B.
Patient* | Kompatible Rh-Blutgruppen* |
---|---|
CcD.ee | CCD.ee, ccD.ee, ccddee |
CCD.ee | CCD.ee |
CcD.Ee | Alle Rhesus-Konstellationen |
ccD.Ee | ccD.ee, ccD.EE, ccddee |
ccD.EE | ccD.EE |
ccDee | ccD.ee, ccddee |
* Liste nicht vollständig (Beispiele)
Falls eine Patientin/ein Patient ein Erythrozytenkonzentrat erhält, welches eine Rh-Eigenschaft aufweist, die sie/er selbst nicht besitzt, kann sie/er Antikörper gegen die ihr/ihm fremde Rh-Eigenschaft entwickeln.
Beispiel:
Wird einer Patientin mit der Blutgruppe Rh-positiv (CCD.ee) ein Erythrozytenkonzentrat mit der Blutgruppe Rh-negativ (ccddee) transfundiert, kann sie im Laufe von einigen Tagen einen Rh-Antikörper „anti-c“ entwickeln. Ein solcher Antikörper kann dann bei einer späteren Schwangerschaft – auch Jahre danach – einen Morbus hämolyticus neonatorum (Mhn) (falls das Kind die Eigenschaft c vom Vater geerbt hat) bzw. bei einer weiteren Transfusion eines Erythrozytenkonzentrates mit der Rh-Eigenschaft c eine schwere, im schlimmsten Falle letale Transfusionsreaktion auslösen.
Nicht jedes Rh-Antigen wirkt jedoch mit der gleichen Intensität immunogen, d.h. die Wahrscheinlichkeit einer Antikörper-Entwicklung hängt vom Rh-Antigen ab:
Rhesus-Antigen | Wahrscheinlichkeit der Antikörper-Entwicklung bei inkompatibler Transfusion |
---|---|
D | ca. 25-50 % |
c | ca. 4 % |
E | ca. 3 % |
e | ca. 1 % |
C | ca. 0,2 % |
Die genanten Zahlen sind allerdings für die konkrete Beurteilung eines individuellen Falles nur begrenzt verwertbar, da zum einen die Sensiblisierungsraten stark von der Diagnose des Patienten abhängen (z.B. scheinen immunsupprimierte Patienten nach Organ- oder Stammzelltransplantation wesentlich seltener einen Antikörper aufgrund einer Rh-D-inkompatiblen Transfusion zu bilden als polytraumatisierte Patienten), zum anderen die einzelnen Studien aufgrund unterschiedlicher Studiendesigns (z.B. unterschiedlicher Antikörper-Nachweismethoden oder unterschiedlicher Nachbeobachtungszeiten) nur schwer miteinander vergleichbar sind. Klar scheint jedoch zu sein, dass das D-Antigen das bei weitem immunogenste Rhesus-Antigen darstellt.
Grundsätzlich sollte man bei Erythrozytentransfusionen das gesamte Rh-Mosaik berücksichtigen. Allerdings ist dies aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit komplett Rh-kompatibler Erythroytenkonzentrate nicht immer möglich. Deshalb kann und muss in speziellen Situationen auf eine Rh-inkompatible Transfusion ausgewichen werden. Unbedingt vermeiden sollte man allerdings, Rh-positive Erythrozytenkonzentrate Rh-negativen Patientinnen/Patienten zu transfundieren. Dies gilt wegen der Gefahr eines späteren Mhn vor allem bei Mädchen und Frauen im gebährfähigen Alter. Eine Ausnahme stellen nur lebensbedrohliche Situationen dar, wenn Rh-negative Erythrozytenkonzentrate nicht schnell genug bereit gestellt werden können und der Patient/die Patientin ansonsten zu verbluten droht. Nur in dieser Situation darf man bei Mädchen und Frauen im gebährfähigen Alter das Risiko einer Rh-D-Sensibilisierung in Kauf nehmen.
Wenn man in einer solchen Situation einer/einem Rh-negativen Patientin/Patienten ein Rh-positives Erythrozytenkonzentrat transfundiert hat, sollte man unbedingt nach 2 – 4 Monaten in einem immunhämatologischen Labor kontrollieren lassen, ob die Patientin/der Patient ein anti-D gebildet hat. Wenn ja, muss die Patientin/der Patient darüber aufgeklärt werden einen entsprechenden Notfall-Ausweis erhalten. Bei Mädchen und Frauen im gebährfähigen Alter sollte man auf eventuelle Probleme hinsichtlich einer zukünftigen Schwangerschaft hinweisen.
Thrombozytenkonzentrate
Da Thrombozytenkonzentrate immer einige Rest-Erythrozyten enthalten, gilt grundsätzlich das Gleiche wie bei Erythrozytenkonzentraten.
Allerdings:
- Bei Thrombozytenkonzentraten wird nur das Rh-Antigen D beachtet. Die Antigene C,c, E,e können bei Thrombozytentransfusionen vernachlässigt werden, da zum einen deren Immunisierungsrisiko (im Vergleich zum D-Antigen) ohnehin schon relativ gering ist, zum anderen mit den heutigen Präparationsmethoden so wenig Erythrozyten in den Thrombozytenkonzentraten vorhanden sind, dass sich das Risiko nochmals deutlich vermindert.
- Falls einer/einem Rh-negativen Patientin/Patienten ein Rh-positives Thrombozytenkonzentrat transfundiert werden muss (z.B. weil bei dringlicher Indikation kein Rh-negatives Präparate zur Verfügung stand), so gibt es die Möglichkeit der posttransfusionellen Rh-Prophylaxe. Hierbei wird – vergleichbar der postpartalen Prophylaxe des Mhn bei Rh-negativen Frauen – der Patientin/dem Patienten ein anti-D-Immunglobulin injiziert, welches die mit dem Thrombozytenkonzentrat transfundierten Erythrozyten hämolysiert bevor das Immunsystem der Patientin/des Patienten ein Anti-D bilden konnte. Allerdings darf man, im Gegensatz zur postpartalen Prophylaxe, in diesen Fällen das anti-D-Immunglobulin wegen der Gefahr der Muskelblutung bei Thrombozytopenie nur i.v. applizieren (beachte: nicht alle Präparate sind für die i.v.-Injektion zugelassen!). Darüber hinaus sollte man beachten, dass durch das applizierte anti-D-Immunglobulin der Antikörpersuchtest positiv wird, was unter Umständen andere Antikörper in der Diagnostik verschleiern kann.
Auch bei Thrombozytenkonzentraten sollte man bei RhD-inkompatibler Transfusion 2 – 4 Monate nach der Transfusion eine Kontrolle veranlassen, ob die Patientin/der Patient einen anti-D-Antikörper entwickelt hat.
Gefrorenes Frischplasma
Bei Gefrorenen Frischplasmen spielen die Rh-Blutgruppen keine Rolle, da in einem Gefrorenen Frischplasma die kontaminierenden Erythrozyten durch den Tieffriervorgang so zerstört werden, dass eine Immunisierung nahezu ausgeschlossen ist.