1951 fanden F.H. Allen, L.K. Diamond und B. Niedziela im Serum einer Patientin in Boston einen bis dahin unbekannten Antikörper, der die Ursache für einen Morbus hämolyticus neonatorum ihres 6ten Kindes war. Dieser Antikörper reagierte mit 77% der weißen Bevölkerung Bostons und wurde nach dem Namen der Patientin als anti-Kidd (Jka) bezeichnet („Jk“ steht für „John Kidd“, das Kind, welches den Morbus haemolyticus neonatorum entwickelt hatte). 2 Jahre später wurde im Serum einer anderen transfundierten Patientin ein Antikörper gegen das korrespondierende Allel entdeckt (anti-Jkb).

Allele

Die Gene des Jk-Systems sind auf dem Chromosom 18 lokalisiert (18q12.3) und kodieren ein transmembranales Glykoprotein mit 389 Aminosäuren, das sich insgesamt 10 mal durch die erythrozytäre Membran windet und als Transportprotein für Harnstoff über die Zellmembran fungiert. Je nachdem, welche Aminosäure an der extrazellulär lokalisierten Position 280 kodiert ist, spricht man von Jka oder Jkb.

PositionAminosäureAntigenSynonym
280AsparaginsäureJka Kidd a
AsparaginJkbKidd b

Neben den Allelen für die Kodierung von Jka (JK*A) und Jkb (JK*B) existiert am selben Genort noch ein weiteres Allel:

JK*Null
Hier fehlt das Jk-Protein vollständig oder ist nur partiell mit weniger Aminosäuren vorhanden, so dass weder Jka noch Jkb ausgebildet werden können.

Vererbung

JK*A und JK werden kodominant vererbt; beide sind dominant über JK*Null.

Häufigkeit des Phänotypus

Die Häufigkeitsverteilung der Fy-Blutgruppen stellt sich in Mitteleuropa – entsprechend dem Modus der Vererbung – wie folgt dar:

Phänotyp Häufigkeit Genotyp
Jk(a+b+)49,96 % JK*A, JK*B
Jk(a+b-)26,44 % JK*A, JK*A
JK*A; JK*Null
Jk(a-b+)23,60 % JK*B, JK*B
JK*B, JK*Null
Jk(a-b-)0,001 % JK*Null, JK*Null

(Tabelle mod. nach R. Eckstein, R. Zimmermann: Immunhämatologie und Klinische Transfusionsmedizin, Elsevier, 2016)

Bedeutung für die Transfusion

Anti-Kidd-Antikörper (Anti-Jka, Anti-Jkb) gehören meist der Klasse IgG an (gelegentlich mit IgM-Anteilen kombiniert).

Anti-Jk-Antikörper (Anti-Jka, Anti-Jkb) können bei inkompatiblen Transfusionen schwere, zum Teil letale hämolytische Transfusionsreaktionen auslösen. Gelegentlich werden jedoch auch mildere Verlaufsformen beobachtet. Das Ausmaß der klinischen Reaktion in vivo korreliert nicht zwingend mit der Stärke des Antikörper-Nachweises in vitro.

Wegen der Gefahr schwerer hämolytischer Transfusionsreaktionen dürfen Personen mit Anti-Jk-Antikörper (Anti-Jka, Anti-Jkb) zeitlebens nur im Kidd-System kompatible Erythrozytenkonzentrate erhalten.

Nach Immunisierung gebildete Jk-Antikörper verschwinden häufig rasch wieder unter die Nachweisgrenze. Das bedeutet aber nicht, dass sie bei einer Transfusion nicht berücksichtigt werden müssten. Werden bei vorhandenen, aber nicht nachweisbarem Jk-Antikörpern und negativen serologischen Testen (Antikörpersuchtest, Kreuzprobe) Jk-inkompatible Erythrozytenkonzentrate transfundiert, kann es sehr rasch zu einer Boosterung des jeweiligen Jk-Antikörpers und (Stunden bis Tage später) zu einer Hämolyse der transfundierten Erythrozyten kommen (verzögerte hämloytische Transfusionsreaktion).

Bedeutung für die Schwangerschaft

Ein Morbus hämolyticus neonatorum (Mhn), ausgelöst durch Antikörper im Kidd-System, ist grundsätzlich möglich, aber selten. Wenn er auftritt, verläuft er meist mild bis moderat und führt selten zu schwerwiegenden Symptomen.